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Klimagerecht bauen: zwischen Wunsch und Wirklichkeit – Teil 1

Auf der diesjährigen Real Estate Arena, der größten Fachmesse für Immobilien, war die ISM mit einer Sonderaktion der Studierenden und mit Fachvorträgen präsent. Dem Thema klimagerecht bauen widmete sich Professor Dr. Natascha Schlömer. Sie lehrt im Studiengang Real Estate Management. Im Nachgang schildert sie, was bei diesem Thema auf dem Spiel steht:

Die Auswirkungen des Klimawandels sind immer deutlicher spürbar: Starkregen, Stürme, Waldbrände, Gletscherschmelze und Hitzestress zwingen uns, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Der Bausektor bietet hier nennenswerte Einsparpotentiale. Was müssen wir uns klar machen?

Natascha Schlömer: Der Sanierungsbedarf in Deutschland ist gewaltig. Etwa 16 Millionen Gebäude in Deutschland müssen bis 2033 saniert werden. Die von der Bundesregierung geforderte Sanierung von Bestandsgebäuden gilt als größte Herausforderung für die kommenden Jahre. Die Leistbarkeit der hohen Investitionskosten für institutionelle Wohnungsanbieter (ca. 21%), aber auch vor allem Amateurvermieter (ca. 36 Prozent) und Selbstnutzer (ca. 43 Prozent) kann nur mit staatlicher Unterstützung gelingen.

Um nachhaltige Synergien abgreifen zu können, muss dazu der Fokus auf ganze Stadtquartiere gelenkt werden. Effizienzsteigerung durch digitale Lösungen für ESG ist nötig, ebenso Smart Metering, Green Leases, digitale Gebäuderessourcenpässe, etc. Für diesen Weg im Quartier gibt es bisher noch kein Rezept. Es braucht neue Wege, ein neues Miteinander unterschiedlichster Stakeholder und innovative Impulsprojekte, die zeigen, wie klimafreundliches Sanieren gelingen kann.

Welche Zahlen sollten man beim klimagerechten Bauen vor Augen haben?

Natascha Schlömer: Für 47 Prozent des globalen energiebedingten CO2-Ausstoßes ist nach Angaben der Vereinten Nationen der Bausektor verantwortlich, bezogen auf die Errichtung, Modernisierung, Nutzung und den Betrieb von Gebäuden. In Deutschland werden mit jährlich 90 Prozent des mineralischen Rohstoffabbaus in Gebäuden verbaut. Zudem ist die Bauwirtschaft auch für ca. 55 Prozent des bundesweiten Netto-Müllaufkommens verantwortlich. Bauabfall ist derzeit meist noch Verbundstoff, der nicht recycelt werden kann, sondern nur deponiert wird. Die Sanierung bestehender Bausubstanz ist ökologisch allerdings sinnvoller als der Abriss, da ein Gebäude bei Fertigstellung schon etwa 30 Prozent seines Gesamtenergieverbrauchs verbraucht hat, die sog. „graue Energie“.

Natascha Schlömer
Was bedeutet das für die spezielle Problemlage in Deutschland?

Natascha Schlömer: Wir müssen lernen, weniger abzureißen, mehr zu sanieren und zu recyclen. Der Wärmemarkt ist mit einem Anteil von über 40 Prozent weltweit der größte Energieverbraucher. Nahezu die Hälfte aller deutschen Wohnungen werden noch mit Gas beheizt und ein Viertel mit Öl.

Laut Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Klara Geywitz stehen wir vor einer Generationenaufgabe, bei der es um den Einstieg in den Flottenwechsel beim Heizen gehe. So war es auf dem Tag der Städtebauförderung 2024 in Berlin zu hören.

Die von der Bundesregierung geforderte Sanierung von Bestandsgebäuden gilt als größte Herausforderung für die kommenden Jahre.

ISM Professorin Dr. Natascha Schlömer

Bisher gilt der Einsatz erneuerbarer Energien mit mindestens 65 Prozent für die Wärmeproduktion nur für den Neubau. Für Bestandsbauten gelten noch Übergangsfristen. Derzeit werden die kommunalen Wärmeplanungen abgewartet, um Fehlplanungen zu vermeiden.

Spätestens ab Mitte 2028 wird der Einsatz erneuerbarer Energien dann für alle neuen Heizungen verbindlich. Generelles Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist der 31.12.2044.

Bis dahin müssen die Gebäude gedämmt werden: Fassaden, oberste Geschossdecken und Kellerdecken benötigen eine Isolierung gegen den Wärmelust. Nur dann ist der politisch gefordete Flottenwechsel ins nachhaltige Heizen auch sinnvoll.

Das alles kostet und verunsichert die Wohnimmobilienbesitzer. Gestiegene Baukosten und hohe Finanzierungskosten erschweren zudem die Bezahlbarkeit erforderlicher Sanierungsmaßnahmen.


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