Wie steht es um das Commitment der Finanzinstitute?
Hamburg, 14.08.2024
Banken haben nichts mit dem ökologischen und sozialen Fußabdruck unserer Gesellschaft zu tun? Weit gefehlt – das zeigt Prof. Dr. Nicole Fabisch, Professorin für Marketing und Internationales Management an der International School of Management (ISM), in ihrer aktuellen Publikation „Relevanz von Nachhaltigkeitszertifizierungen für Banken“. Demnach ist Nachhaltigkeit nicht nur ein Megatrend in Politik und Gesellschaft, sondern auch ein Thema, mit dem sich Banken und Finanzdienstleister in Zukunft noch wesentlich mehr befassen müssen.
Denn Selbstverpflichtungen werden viel abgelegt, doch an Nachprüfbarkeit, Transparenz und Daten mangelt es noch. Aber wie ließe sich das ändern?
Mittlerweile führen immer mehr Unternehmen und Investmentfonds Programme oder Richtlinien ein, die sich an Environmental Social Governance (ESG) -Kriterien orientieren, um neben Rentabilitätsaspekten, den Zugang zu Kapital zu verbessern. Zudem sind weltweit Regulierungsbehörden mit der Ausarbeitung und Umsetzung neuer Offenlegungsregelungen beschäftigt. Auch Investoren legen Wert auf relevante und transparente Informationen und entwickeln ESG-basierte Anlagestrategien.
Dem Sektor der Finanzdienstleistungen und seinen Investitionsentscheidungen kommt also eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, die Wirtschaft CO2-ärmer, widerstandsfähiger und ressourceneffizienter zu machen, wie die Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) fordert.
Einfluss deutscher Banken durch Kreditvergabe
„Vor allem in Deutschland ist die Bankenbranche ein zentraler Akteur, da über 90 Prozent der Unternehmen Klein- und Mittelständler (KMU) sind und diese oft stark an Hausbanken gebunden sind“, führt Prof. Dr. Nicole Fabisch aus. „Insbesondere durch die Bereitstellung von Krediten und anderen Finanzprodukten für Unternehmen nehmen die Banken erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft.“ Laut Bundesbank nahm die Bilanzsumme der deutschen Banken in den letzten Jahren beständig zu und erreichte im Corona-Jahr 2022 die Rekordsumme von 10.583 Mrd. EUR.
Allein in Deutschland betrug das Volumen der Kredite, die im Jahre 2022 an Unternehmen und Privatpersonen vergeben wurden, 3,36 Mrd. EUR (Statista, 2023). Gäbe es hier öko-soziale Vergabekriterien, würde dies einen deutlichen Impuls setzen.
Selbstverpflichtung ist gut…
Die EU gibt nicht erst seit gestern ESG-Richtlinien für die Wirtschaft vor. Bereits im Jahr 1976 wurde die erste ins Leben gerufen: Die Guidelines for Multinational Enterprises on Responsible Business Conduct. Für den Bankensektor wurde die Notwendigkeit solcher Richtlinien allerdings erst wesentlich später festgestellt: Im Jahr 2019 wurden die Principles for Responsible Banking (PRB) 2019 ins Leben gerufen von der United Nations Environment Programme Finance Initiative (UNEP FI). Sie wurden von 300 Banken unterzeichnet, darunter 14 deutsche Vertreter. Kritiker bemängeln, dass es sich dabei lediglich um eine Selbstverpflichtung handelt. Bei dieser wie auch vielen anderen folgenden Richtlinien fehlen also die Prüfbarkeit auf Umsetzung sowie Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung. Der Vorwurf des sogenannten Greenwashings wird laut, bei dem sich die Banken umweltfreundlicher darstellen als es der Realität entspricht. Wie kann dem entgegengewirkt werden?
…Kontrolle ist besser
Ein Weg führt über Regularien und das Reporting: So trat im Jahr 2020 die EU-Taxonomie Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates in Kraft. Damit sollen für Investoren klarere Richtlinien gelten, Greenwashing eingedämmt und „Investitionen in nachhaltige Projekte und Aktivitäten“ gelenkt werden, die notwendig sind, um Klimaneutralität zu erreichen.
So müssen Unternehmen, die zur nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, bereits ab 2022 Angaben zu ihren Anstrengungen zum Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel machen. Ab 2023 müssen zusätzlich weitere Umweltschutzziele wie Kreislaufwirtschaft, Schutz der Wasser- und Meeresressourcen oder Maßnahmen zum Schutz sowie der Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme integriert werden. Zusätzlich wird die EU Verordnung noch um eine soziale Kategorie ergänzt, die dazu angelegt ist, Kapitalströme in jene Unternehmen und Wirtschaftstätigkeiten zu lenken, die die Menschenrechte respektieren. Zudem wurde im März 2024 die Green Claims Directive verabschiedet, die strengere und nachprüfbare Vorgaben für die Kommunikation von Umwelteigenschaften von Produkten oder Unternehmen vorschreibt und bis 2026 in Deutschland umgesetzt werden muss.
Mit dem Inkrafttreten der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU im Jahr 2022 sollen Nachhaltigkeitsberichte transparenter und vergleichbarer werden. Mittelfristig sind nicht mehr nur Public Interest Entities (Unternehmen von erheblicher öffentlicher Bedeutung, kurz PIE), sondern auch mittelständische Unternehmen betroffen.
Wesentliche Neuerungen sind die so genannte doppelte Wesentlichkeit (Double Materiality), nach der sowohl Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft (Impact Materiality) als auch kurz-, mittel- oder langfristige finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen (Financial Materiality) berichtet werden müssen. Zudem ist die gesamte Wertschöpfungskette zu berücksichtigen, die Berichterstattung hat auf Basis der EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) zu erfolgen und ist durch externe Prüforgane zu bewerten.
Ausblick
Bislang gibt es der Untersuchung von ISM Professorin Fabisch zufolge nur wenige Universalbanken, die wirklich proaktiv in Sachen Nachhaltigkeit handeln. Aber was ist die Lösung, wenn Banken und Finanzakteure weiterhin eher reaktiv auf die Anfordernisse in Sachen nachhaltiger Unternehmensführung reagieren? „Dann helfen wohl nur weitere regulatorische Vorgaben seitens der EU“, resümiert Fabisch. „Auch ganzheitliche Nachhaltigkeitssiegel und Rankings können für mehr Vergleichbarkeit und Transparenz sorgen. Bei den Nachhaltigkeitsbestrebungen der Banken ist in jedem Fall noch Luft nach oben.“
Hintergrund:
Die International School of Management (ISM) ist eine staatlich anerkannte, private Hochschule in gemeinnütziger Trägerschaft und zählt zu den führenden privaten Hochschulen in Deutschland. An Standorten in Dortmund, Frankfurt/Main, München, Hamburg, Köln, Stuttgart und Berlin wird in kompakten und anwendungsbezogenen Studiengängen der Führungsnachwuchs für international orientierte Wirtschaftsunternehmen ausgebildet. Zum Studienangebot gehören Vollzeit-Programme, berufsbegleitende und duale Studiengänge sowie das komplett digitale
Fernstudium. In Hochschulrankings ist die ISM mit hoher Lehrqualität, Internationalität und Praxisbezug regelmäßig auf den vordersten Plätzen gelistet. Das internationale Netzwerk umfasst rund 190 Partnerhochschulen.
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